SEO: Besen, Besen, seid's gewesen!

"Hat der alte Hexenmeister
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben."

(Johann Wolfgang von Goethe: Der Zauberlehrling)

Wie diese Geschichte ausgeht, das hat man ja in der Schule gelernt - und gewisse Parallelen zum Thema Suchmaschinen-Optimierung sind leicht zu erkennen. In beiden Fällen wird vermeintliches Wissen angewendet, und in beiden Fällen können die Folgen ziemlich haarsträubend sein.

Auch wenn ich mich normalerweise damit schwertue, über Kolleginnen und Kollegen innerhalb der digitalen Zunft zu lästern: selbsternannte SEO-Optimierer sind ein Fall, in dem sich das nicht vermeiden lässt. Das hat natürlich einen Hintergund in Form einer Neukundenanfrage, die sich um den Relaunch einer Webseite und den damit verbundenen Verlust an Sichtbarkeit für Suchmaschinen drehte. Für den Kunden, einen Shopbetreiber, natürlich ein Desaster.

Was war geschehen? Nach Jahren, in denen ein selbstgestricktes Shopsystem stetiges Einkommen bescherte, sollte es nun etwas neues sein - bequemer, schneller, moderner, leichter zu pflegen. Der Kunde machte sich also auf die Suche, und weil er sich selbst (und seinem Geschäft) etwas Gutes tun wollte,  plante er die Suchmaschinenoptimierung gleich mit ein. Er beauftragte also eine Agentur, die sich nach eigegen Worten auf SEOspezialisiert hat, mit der Erstellung einer neuen, CMS-basierten Webseite mit integrierten Shopsystem.

Bis hierhin kein Problem, die Geschichte hätte auch gut ausggehen können. Wenn die 'SEO-Spezialisten' handwerklich gute Arbeit abgeliefert hätten. Dass ich das betone, lässt auf das Ergebnis schließen. Und die Eckdaten dazu lassen schnell erkennen, was alles schief gegangen ist, weil die Jungs vom Planeten SEO-Magie augenscheinlich keine Ahnung hatten.

Der alte Shop hatte ein paar tausend URLs generiert, bestand aus sehr viel verworrenem PHP und einer Vierteltonne JavaScript. Die Benutzerführung war ungefähr auf dem Stand von 2003, und mit der Warenwirtschaft verstand das System sich mit Hilfe eines recht ausgefeilten Mail-Templates.

Das neue System übernahm die verworrene Benutzerführung und band einen Shop unklarer Herkunft mittels iFrames ein. Die URLs unterschieden sich mächtig, und die vorher rudimentäre Übermittlung von Artikelbeschreibungen und Preisen an Suchmaschinen fand auch nicht mehr statt. Google Merchant? Fehlanzeige. Places? Ach wozu. Valider Code? Mitnichten. Und auf die Idee, die alten URLs einzusammeln und auf die neue Struktur weiterzuleiten war anscheinend niemand gekommen.

Stattdessen bauernschlaues Suchmaschinen-Füttern mit ein paar Meta-Tags, einer kleinen Linkfarm und unendlich viele Backlinks von Seiten sehr bescheidener Reputation. Alles, was man so macht (und gut verkauft), wenn man sich im Bereich SEO tummelt. Alles, nur keine solide Handwerkskunst.

Und so kam es für den Kunden, wie es kommen musste: die Seite, (bis dahin immer in den Top 5 für die jeweiligen Produktkategorien) wurde erst derbe zurückgestuft und bekam schließlich ein Penalty von Google. Geschäftlich ein Desaster.

Der anfragende Neukunde berichtete dann, dass der Relaunch ohnehin sehr lange gedauert habe - ein Jahr Projektlaufzeit ist selbst für umfangreiche Projekte ungewöhnlich, und da sollten dann schon die Ergebnisse stimmen. Man fragt sich, was die 'SEO-Agentur' in dieser Zeit gemacht hat. Joints geraucht? Gekickert? Man will das gar nicht wissen.

Dabei sieht die Werbung ganz anders aus: Da wird von Optimierung, Marketing, Web-Controlling  und Conversions fabuliert. Hätten sie mal lieber ihre Arbeit gemacht. Also den Shop sauber integriert, für automatische Übermittlung der Sitemaps gesorgt, alte URLs mittels rewriting auf den neuen Content umgesetzt, valides HTML produziert, die Benutzerführung überarbeitet, eine saubere Integration von Social Media umgesetzt.

Übrigens kann das eingesetzte System Contao das fast von alleine, wenn - ja wenn - man das CMS verstanden hat und nicht die Funktionen opfert, indem man planlos in den Templates herumeditiert, um sehr seltsame Vorstellungen von Layout zu verwirklichen. Auch Agenturen, die sich mit dem Etikett 'Contao-Partner' schmücken, können da richtig viel Murks machen.

P.S.: mein Angebot machte den Kunden nicht glücklich - einen vierstelligen Betrag, um ein funktionierendes Shopsystem mit Webseite und Blog zu bekommen. Selbstredend suchmaschinenfreundlich, indem es den Content für die Bots auf dem Tablett serviert - allerdings hatte er gerade einen fünfstelligen Betrag ausgegeben. Von mir hätte er allerdings auch die Garantie bekommen, dass ich seine Metatags nicht mit Hinweisen auf meine Webseite vollpflastere. Ehrlich wahr.

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Kommentar von Stefan |

Danke fürs löschen meines Kommentars! Wieso wird nicht einfach darauf geantwortet oder nicht? Ich dachte das hätten Blogs so an sich!

Antwort von Carolina Koehn

Sorry, aber erstens wird hier nichts ohne Grund gelöscht, zweitens war grad CeBIT und drittens ist da wohl ein kleiner Hakler im Kommentartemplate, der meine Antwort verschluckt hat.

N.B: Viertens hattest Du - wenn ich mir mal die IP-Adressen anschaue - auf den Beitrag https://kikmedia.de/blog/trau-schau-wem-ein-paar-dinge-die-bei-der-providerauswahl-beachtet-werden-sollten.html kommentiert und nicht auf diesen hier ... insofern alles im Grünen Bereich & auch die Kommentarform funktioniert wie vorgesehen ... ;-)

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